Neue Zürcher Zeitung | 30 Oct 2006


Romantik im 21. Jahrhundert Das «absolut trio» im Theater Rigiblick jh. Eine biegsame Begleitfigur des Klaviers, ein erster Bogenstrich auf dem Cello - und schon ist man tief abgetaucht in die romantische Welt von Robert Schumann. Wie Bettina Boller (Violine), Imke Frank (Violoncello) und Stefka Perifanova (Klavier) in Schumanns Musik zum gemeinsamen Atem fanden und wunderbar zu singen wussten, war allein schon eine Fahrt zum Theater Rigiblick wert. Doch mit dem 2004 gegründeten «absolut trio» suchen die drei Musikerinnen mehr als nur den zu Herzen gehenden Schönklang. Für ihre Hommage an den vor 150 Jahren verstorbenen Komponisten liessen sie Schumannsche Vokalduette - arrangiert für ihre Besetzung - in Dialog treten mit drei brandneuen Kompositionen. Unter dem Titel «Ich denke dein» ist so ein Programm entstanden, das sowohl das Ohr erfreute wie auch durch die geschickt zusammengestellte Werkfolge und durch sorgsam gestaltete Übergänge Geist und Sinn anregte. Die seit 15 Jahren in Basel lebende Komponistin Junghae Lee orientiert sich für ihre «sonorletten» formal an Schumanns Noveletten. Nach zwei eher ruhigen Teilen mit Einzeltönen und Glissandi beleben scharfe, durch Elektronik intensivierte Akzente den dritten Satz. Mit wispernden Tönen auf Kinderinstrumenten finden Lees Klanggeschichten einen Abschluss von eigentümlicher Poesie. Konkret auf ein Schumann-Lied bezieht sich Gary Bergers Stück «übersetzte Geschwindigkeit». Ausgehend vom Text von «Liebesgarten» aus dem Opus 34 schafft der Zürcher Komponist ebenfalls mit dezenter elektronischer Unterstützung ein Gewebe von unterschiedlichen Dichtegraden, das zu einem überzeugenden Spannungsbogen gefasst ist. Eine ganze Welt von Eindrücken und Empfindungen tut sich in den 15 Moments musicaux auf, die Rudolf Kelterborn für das «absolut trio» geschrieben hat. Der Basler Altmeister hat sich in seiner Musik trotz aller Eleganz des Handwerks etwas Widerborstiges bewahrt. Von scheinbar leichter Hand hingeworfene Skizzen stehen neben lakonischen Epigrammen aus wenigen Tönen, die in ihrer Konzentration lange nachschwingen.