Jungfrau Zeitung | 18 Aug 2008

Drei romantische Klaviertrios in berufenen Händen Glanzvolle Eröffnung der Mendelssohn Musikwoche Die Violinistin Bettina Boller, die Cellistin Imke Frank und die Pianistin Stefka Perifanova, seit 2004 im «Absolut Trio» vereint, schenkten mit einer hoch differenzierten Wiedergabe je eines Klaviertrios von Robert Schumann und den Geschwistern Mendelssohn eine begeisternde Eröffnung der 4. Mendelssohn Musikwoche in Wengen. Kammermusik wie sie im Buche steht! Haydn, Mozart und Beethoven haben sie mit herrlichen Werken in fürstlichen Gemächern und Bürgerstuben bekannt und beliebt gemacht. Schubert und seine Nachfolger haben eine ebenbürtige Nachfolge angetreten und die klassische Sparte mit romantischen Kompositionen weiter geführt und bereichert. Eine sinnvollere glücklichere Eröffnung ihrer Kammermusikwoche hätten die Organisatoren in Wengen zusammen mit den drei Künstlerinnen nicht bieten können. Eine Garantie dafür bot das «Absolut Trio», der Zusammenschluss der drei renommierten Musikerinnen, die seit der Gründung in einer grossen Zahl von Auftritten ihr Können mit der Aufführung von Werken der klassischen, romantischen aber auch modernen Epoche unter Beweis gestellt haben. Natürlich finden die Kammermusikkonzerte heute auch in Konzertsälen statt. Den Hochgenuss bieten aber immer noch die Räumlichkeiten mit kleinerem Fassungsvermögen. Dazu ist auch die Reformierte Kirche in Wengen mit ihrer hervorragenden Akustik zu zählen. Eine faszinierende GegenüberstellungDie drei Trios, das Opus 80 von Robert Schumann, das Opus 11 von Fanny Hensel-Mendelssohn und das Opus 66 von Felix Mendelssohn Bartholdy waren fast zur gleichen Zeit, in den Jahren 1845 bis 1847, jedoch aus einem total verschiedenen Umfeld ihrer Erschaffer entstanden. Schumann weilte enttäuscht in Dresden, wo er sich vergeblich um eine feste Anstellung bemühte, Mendelssohn war nach gescheiterter Wohnsitznahme in Berlin nach Leipzig an den Ort seiner Triumphe zurückgekehrt, und seiner Schwester Fanny, von der Sippe an öffentlichen Auftritten als Pianistin und durch jahrelange Verhinderung der Veröffentlichung ihrer rund 400 Kompositionen zurückgebunden, war es wenige Monate vor ihrem frühen Tode doch noch vergönnt, mit einem Meisterwerk die Nachwelt zu beschenken. Ihr Bruder Felix besorgte die Drucklegung und Herausgabe persönlich. Alle drei Werke haben jedoch keinen direkten Bezug zur Biografie ihrer Schöpfer. Alle drei sind lichtvoll, positiver Gestimmtheit zugetan und zeugen vom Siegeszug romantischen Liedschaffens. Man merkt sogleich, dass sie vom Klavier her geprägt sind, sind ihre Erzeuger doch allesamt Pianisten. Umso erfreulicher ist die geschickte Aufteilung des Sagens unter dem Tasten- und den beiden Saitenistrumenten. Bereits die Bezeichnung der Satzfolgen dient als Steckbrief der musikalischen Inhalte. Mit ihnen betritt der Zuhörer gegensätzliche musikalische Landschaften. Mit Schumanns Opus 80 begegnet er neuen Wegen fein verästelten Klavierspiels und hört sich durch ein Labyrinth liebevollen Zusammenspiels der drei Instrumente, die immer vom melodischen Liedhaften angeleitet werden. Mendelssohn führt mit seinem Opus 60 in einen packenden Wechsel von geläuterter Kantilene in dramatisches Ungestüm. Beide Männer profitieren dabei von einer langen vielseitigen Erfahrung in ihrem kompositorischen Schaffen. Nicht so die Frau, Fanny Hensel: Mit der Opuszahl 11 bezeugt ihre Meisterleistung das Neue und Erstmalige der genialen Schwester von Felix, einen Aufbruch, der durch ihren jähen Tod nur einen Monat nach der Uraufführung abgewürgt worden ist. Fannys d-Moll-Trio besticht durch pianistische Virtuosität neben gewinnender Melodik aus dem Zentrum ihres Schaffens, der Liedkomposition. Gelöst und doch in minutiös ausgewogenem Zusammenspiel bot das «Absolut Trio» die drei herrlichen Kompositionen dar. Ganz besonders genoss das zahlreich erschienen Publikum die schwerelose Virtuosität der Pianistin und die singenden Saiten des Cellos und der Violine. Die drei Künstlerinnen wurden erst entlassen, nachdem sie sich mit der sinnigen Bearbeitung eines Schumannliedes für Sopran, Tenor und Klavier für den Riesenapplaus bedankt hatten. Samuel Wenger